Keynote des scheidenden DRV-Präsidenten

Fiebig stimmt Reisewirtschaft auf Herausforderungen ein – „Unsere Branche ist stark“

Die Branche steht vor strukturellen Baustellen, der DRV vor einem Umbruch. Einen Tag vor dem Ende seiner Amtszeit forderte DRV-Präsident Norbert Fiebig mehr politische Unterstützung und sendete verschiedene Appelle in die Reisewirtschaft. Allen voran sieht er die EU auf Irrwegen bei der Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie.

Fiebig stimmt Reisewirtschaft auf Herausforderungen ein  – „Unsere Branche ist stark“
Norbert Fiebig ist am Ende seiner Amtszeit angelangt – und ruft der Branche in Berlin noch einmal die Aufgaben für die Zukunft vor Augen. Foto: DRV
Auf dem Hauptstadtkongress des Deutschen Reiseverbands (DRV) hat der scheidende Präsident Norbert Fiebig mehr Zuverlässigkeit von der Politik, weniger Bürokratie und faire Wettbewerbsbedingungen für die Reisewirtschaft gefordert. „Die wirtschaftliche Lage ist ernst – wir brauchen jetzt verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und faire Regeln“, sagte Fiebig vor den und 500 Teilnehmern in Berlin.

Kritik an EU-Plänen zur Pauschalreise

Scharfe Kritik äußerte der DRV-Präsident an der geplanten Überarbeitung der EU-Pauschalreiserichtlinie. Vorgesehen sind unter anderem erweiterte Stornorechte und neue Vertriebsbeschränkungen für individuell kombinierte Reisen.

Fiebig warnt diesbezüglich: „Das darf so nicht durchgehen.“ Diese Maßnahmen würden nicht nur wirtschaftlich schaden, sondern auch das Selbstverständnis des Vertriebs infrage stellen. Deutschland sei für mehr als 40 Prozent aller EU-Pauschalreisen verantwortlich. Daher müsse die Bundesregierung bei der dänischen Ratspräsidentschaf auf Änderungen im Sinne der Branche drängen.

Beitragssenkung beim Reisesicherungsfonds

Positiv bewertete Fiebig die Entwicklung des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF). Die stabile finanzielle Lage erlaube eine Senkung des Beitrags zum 1. November auf 0,5 Prozent. „Das ist ein klares Signal an die Unternehmen, die den Fonds mit aufgebaut haben“, sagte er. Auch die Kunden profitierten letztlich davon.

Weiter forderte Fiebig „mehr Flexibilität und Gerechtigkeit bei den Sicherheiten, die abhängig von der Bonität gestellt werden müssen“. Das Bundesjustizministerium sei als Aufsicht in der Pflicht, diese Reform zu begleiten.

Reiselust bleibt – Preissensibilität wächst

Trotz schwacher Konjunktur und geopolitischer Unsicherheiten sei die Nachfrage nach Reisen ungetrübt – „aber die Preissensibilität nimmt spürbar zu“, sagte Fiebig. Kürzere Reisen, günstigere Destinationen und ein Trend zum Frühbuchen prägten dementsprechend das Buchungsverhalten.

Besonders gefragt, so Fiebig, seien All-inclusive-Angebote, Fernreisen und Kreuzfahrten. Die Pauschalreise bleibe beliebt: „Die Reisenden schätzen die Sicherheit und Verlässlichkeit.“

Mit Blick auf Zielgebiete mahnte Fiebig vor zu hohen Tourismussteuern und rief zu Angemessenheit auf: „Wer hier überdreht, muss sich auf sinkende Nachfrage einstellen.“

Luftverkehr nicht zum Luxusgut machen

Als „zentralen Pfeiler des Outgoing-Tourismus“ sieht Fiebig den Luftverkehr – dieser sei jedoch stark belastet. Staatliche Abgaben gefährdeten die Wettbewerbsfähigkeit. Der DRV fordert Entlastungen und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. „Flugreisen dürfen nicht wieder zum elitären Luxusgut werden“, so Fiebigs Überzeugung. „Deutschland braucht attraktive und kostengünstige Flugverbindungen – für Menschen, Märkte und Wohlstand.“

Nachhaltigkeit braucht politische Unterstützung

Auch beim Thema Nachhaltigkeit sieht der DRV Handlungsbedarf – etwa beim Ausbau klimafreundlicher Treibstoffe. Allein EU-Vorgaben reichten nicht aus. „Wir brauchen ein Hochfahren der industriellen Produktion zu tragbaren Preisen“, fordert der DRV-Präsident. Ohne bezahlbare und klimafreundliche Mobilität drohe ein Akzeptanzverlust des Reisens in der Gesellschaft.

Tourismus braucht Akzeptanz in den Zielgebieten

Fiebig betonte außerdem die wirtschaftliche Bedeutung der Reisewirtschaft: „Tourismus ist insbesondere in den Zielgebieten Jobmotor und schafft Stabilität.“ Gleichzeitig sei Rücksichtnahme entscheidend. Besucherströme müssten besser gelenkt werden, um Natur und Bevölkerung zu entlasten.

„Unser Ziel muss ein Tourismus sein, der willkommen ist – weil er Rücksicht nimmt. Der wirkt – weil er verbindet. Und der bleibt – weil er nachhaltig ist.“ Auch neue Destinationen müssten erschlossen werden, um Kapazitätsengpässen und steigenden Preisen entgegenzuwirken.

Digitalisierung und Fachkräfte als Zukunftsthemen

Schließlich kam Fiebig noch auf Digitalisierung und Fachkräftenot zu sprechen. Die digitale Transformation bedeute Chancen und Herausforderung zugleich. „Die Grenzen zwischen den Wertschöpfungsstufen verschwimmen“, so Fiebig. Profitieren könnten jene, „die strukturelle Veränderungen frühzeitig antizipieren, neue Techniken konsequent einsetzen und notwendige Transformationen entschlossen einleiten“.

In der Fachkräfte-Frage sieht der DRV eine weitere zentrale Baustelle. Die Branche müsse sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren. „Ohne engagierte, qualifizierte Menschen wird es schwer – aber viele Unternehmen zeigen bereits erfolgreich, wie moderne Arbeitswelten junge Talente anziehen können.“

DRV feiert 75-jähriges Bestehen

Der Hauptstadtkongress steht auch im Zeichen des 75-jährigen Bestehens des DRV. Fiebig, der sein Amt abgibt, dankte für die Zusammenarbeit und äußerte sich zuversichtlich: „Unsere Branche ist stark und wandlungsfähig. Ich bin überzeugt, dass Sie gemeinsam den Weg weiter erfolgreich gestalten werden.“

Am 10. Oktober 2025 wählt der Verband ein neues Präsidium und neue Vorstände. Zur Wahl stehen 21 Touristikerinnen und Touristiker. Insgesamt werden 15 Positionen neu besetzt. Einen Überblick über alle Ämter und Kandidaturen finden Sie hier.