TUI Cruises-Chefin Wybke Meier

Gut gerüstet für die Zukunft

TUI Cruises will die gesamte Mein Schiff Flotte landstromfähig zu machen. Die Vision ist klar: Bis 2030 soll es die ersten klimaneutralen Kreuzfahrten geben.

Gut gerüstet für die Zukunft
Fotos: TUI Group
TUI Cruises hat sich verpflichtet, die gesamte Mein Schiff Flotte landstromfähig zu machen. Die Vision ist klar: Bis 2030 soll es die ersten klimaneutralen Kreuzfahrten geben. Ein Gespräch mit TUI Cruises-Chefin Wybcke Meier.

Es scheint in den Medien aktuell üblich zu sein, in Sachen Nachhaltigkeit ein Art Kreuzfahrt-Bashing zu betreiben. Wie geht man als TUI Cruises-Chefin damit um?
Indem man es immer wieder versucht zu erklären. Das gelingt nicht immer, das muss ich offen zugeben, sonst hätten wir nicht teilweise diese Kritik. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Wie kriegen wir es hin, dass wir alle diese Vorurteile ausräumen? Zu allererst die entsprechenden Maßnahmen und Innovationen kontinuierlich zu implementieren sowie weiterzuentwickeln und dann fortlaufend darüber zu informieren und aufzuklären.

Dennoch hat sich die Kreuzfahrtbranche seit Jahren mit dem Thema auseinandergesetzt und viele Lösungen entwickelt. Davon ist in der Öffentlichkeit wenig angekommen, oder?
Das stimmt, in den ersten Jahren konzentrierte sich die Debatte auf das Thema Luftemissionen. Und hier arbeiten wir seit Jahren an Lösungen, bauen die sogenannten Scrubber und Katalysatoren ein, Systeme der Abgas-Nachbehandlung. Wir tun eben mehr, als nötig ist oder auch als verlangt wird.

Zum Beispiel, dass die Schiffe landstromfähig sind und werden?
Ja, TUI Cruises hat sich im Zuge seiner Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet, die gesamte Mein Schiff Flotte landstromfähig zu machen, um dann überall dort umweltfreundlichen Landstrom zu beziehen, wo es möglich ist. Nach der Mein Schiff 4 und Mein Schiff 6 hat mit der Mein Schiff 1 Anfang Mai 2023 das dritte Schiff der Mein Schiff-Flotte bordseitig einen Landstromanschluss erhalten. Bereits im kommenden November werden dann auch die Mein Schiff 5 sowie im Januar 2024 die Mein Schiff 2 während ihrer Werftaufenthalte mit einem Landstromanschluss ausgestattet.

Beim Thema Landstrom stehen vor allem die Häfen in der Pflicht?
Ja, zum einen muss das Angebot an Landstromanlagen zügig ausgebaut werden in ganz Europa. Zum anderen müssen die Häfen, wie es beispielsweise hier in Hamburg, aber auch in Kiel und Warnemünde der Fall ist, ein grünes Stromkonzept vorlegen. Nur so können wir sicherstellen, dass wir die Emissionen nicht an andere Stelle verlagern. Bei der Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele − das heißt, unsere absoluten CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 2019 signifikant zu senken − sehen wir die Häfen tatsächlich in der Pflicht.

Neubauten wie die Mein Schiff 7, die derzeit in Finnland bei Meyer Turku gebaut wird, sowie das achte und neunte Schiff werden ebenfalls über einen Landstromanschluss verfügen. Reicht das?
Es gibt noch viele weitere Lösungen. Der Neubau wird mit emis-sionsärmerem Marinediesel (Schwefelgehalt: 0,1 Prozent) betrieben und ist mit Katalysatoren (Stickoxidminderung: rund 75 Prozent) sowie einem Landstromanschluss ausgestattet. Das sichert einen fast emissionsfreien Schiffsbetrieb während der Hafenliegezeit, was etwa 40 Prozent der Betriebszeit ausmacht. Ohnehin erfüllen die Schiffe von TUI Cruises höchste Nachhaltigkeitsstandards: Die Hilfsmaschinen an Bord, die im Hafen während der Liegezeit laufen, erreichen dank der eingebauten Katalysatoren schon seit 2014 mit der Indienststellung der Mein Schiff 3 den TIER III Standard für Stickoxid-Emissionen. Der auf allen Neubauten eingebaute Hybrid-Scrubber filtert bis zu 99 Prozent der Schwefelemissionen und 60 Prozent des Feinstaubs.

Die Mein Schiff 7 kommt mit vielen weiteren Innovationen. Was wurde da gemacht?
Um eine noch effizientere Abfallverarbeitung zu erreichen, wird die Mein Schiff 7 mit einem innovativen System ausgestattet, das organische Abfälle durch eine thermische Behandlung zerkleinert und für die weitere Nutzung an Land aufbereitet. Auch wichtig: die Mein Schiff 7 wurde so gebaut, dass das Schiff auch mit Methanol, perspektivisch grünem Methanol, fahren kann. Grünes Methanol – also Bio- oder E-Methanol – gilt als klimafreundlicher Kraftstoff, sofern dieser aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das macht den Schiffsantrieb nahezu CO2-neutral. Die Vision ist klar: Langfristig wollen wir hin zur emissionsfreien und klimaneutralen Kreuzfahrt und bis 2030 erste klimaneutrale Kreuzfahrten anbieten. Die Entscheidung, die Mein Schiff 7 für einen Methanolantrieb vorzubereiten, ist für uns eine Investition in die Zukunft.

Trotz Fortschritt wird die Kritik nicht weniger. Was also tun?
Als Kreuzfahrt-Branche müssen wir die Kritik annehmen. Wir haben es in den Wachstumsjahren, insbesondere in Europa, vernachlässigt, die Fortschritte in den Vordergrund zu stellen und von Anfang an zu erklären. Wir haben viel kommuniziert, zum Teil sehr detailliert. Die Energieeffizienz unserer Neubauten hat sich über die Jahre dramatisch verbessert. Die neue Mein Schiff-Flotte ist heute um 25 bis 30 Prozent energieeffizienter als frühere Schiffe. Wachstum und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus.

Zur Person: Wybcke Meier steht als Vorsitzende der Geschäftsführung an der Spitze von TUI Cruises. Die Kreuzfahrt-gesellschaft entwickelt sich weiter positiv und trägt nachhaltig zum Konzernwachstum bei. Zuvor hatte sie Führungspositionen in Reise-unternehmen wie Öger Tours und Windrose Finest Travel inne.


Für die Zukunft gerüstet: Die Mein Schiff 1 erhielt jetzt im Mai als drittes Schiff der TUI Cruises-Flotte bordseitig einen Landstromanschluss.
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Ehrgeizige Ziele

Bis 2030 werden die Kreuzfahrtreedereien der TUI Group ihre absoluten CO2-Emissionen um mehr als ein Viertel (27,5 Prozent) gegenüber 2019 senken. Sie sind nach eigenen Angaben nicht nur die ersten ihrer Branche, deren Reduktionsplan von der Science Based Targets Initiative validiert wurde. Keine andere Kreuzfahrtreederei der Welt verpflichtet sich zurzeit auf ein derart streng kontrolliertes Klimaschutzziel.