CDU-Generalsekretär Linnemann: Es fehlt nicht an Erkenntnis, sondern an Mut
Als Gastredner setzte der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann beim DRV-Hauptstadtkongress ein Ausrufezeichen mit der Forderung nach mehr Mut zu Reformen. Weniger Bürokratie, niedrigere Steuern und flexible Beschäftigungsmodelle könnten die Reisewirtschaft entlasten. Sein Appell: Jetzt sei die Zeit für echte Veränderung – gegen lähmende Regelwut und ohne Bremser aus Berlin, so das Credo.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht die Branche vor großen Herausforderungen. Beim DRV-Kongress forderte er mehr Mut zu Reformen. Foto: Felix Hormel
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht die hieisge Reisewirtschaft vor fünf zentralen Herausforderungen: hohe Arbeitskosten, Fachkräftemangel, Steuerbelastung, überbordende Bürokratie und steigende Energiekosten. „Das sind die Punkte, die vielen Betrieben in der Reisebranche derzeit das Leben schwer machen“, sagte Linnemann in seiner Rede vor den Teilnehmern des DRV-Hauptstadtkongresses.
Wunsch nach weniger Regulierung
Besonders die Bürokratie sei zu einer Belastung geworden, die Betriebe lähme. „Wir schaffen einen Beauftragten ab und setzen sofort einen neuen ein – das bringt nichts“, kritisierte Linnemann. Neue Vorschriften und Zertifizierungen entstünden ständig. „Das funktioniert alles nicht, weil wir immer wieder neue Regeln schaffen, statt alte abzubauen.“
Der CDU-Politiker forderte, Verantwortung stärker an die Regionen zu geben. „Wenn Sie das in Berlin machen, haben Sie sofort Bedenkenträger und Bremser“, sagte Linnemann. Auf lokaler Ebene hingegen, sei mehr Eigeninitiative möglich. Als Beispiel nannte er Paderborn, seinen eigenen Wahlkreis, wo Bauanträge künftig automatisch genehmigt würden, wenn die Behörde drei Monate lang nicht reagiert.
Luftverkehr als Schlüssel für touristische Anbindung
Auch für die Reisebranche sei die Bürokratie problematisch, betonte Linnemann – etwa beim Thema Luftverkehr. Wenn die Kosten zu hoch seien, führten Airlines Inlandsflüge nicht mehr rentabel durch. „Wenn die Hubs nicht mehr angeflogen werden, leidet die internationale Anbindung. Das ist für den Tourismus überhaupt nicht gut.“
Einmal mehr führe er den Kreis Paderborn exemplarisch an – und seinen Heimatflughafen, ab dem die Lufthansa keine Verbindungen mehr nach München anbietet. Die Region habe darauf reagiert: „Wir haben einfach eine eigene Airline gegründet. 50 bis 70 Betriebe haben sich zusammengeschlossen – und es funktioniert.“
Hohe Arbeitskosten belasten Hotellerie und Tourismus
Die hohen Arbeitskosten bezeichnete Linnemann als eine der größten Hürden für die Branche. „Es gibt kein Industrieland mit annähernd so hohen Lohnkosten wie Deutschland“, sagte er. Beitragserhöhungen in den Sozialversicherungen lehne er ab. Diese würden die Wettbewerbsfähigkeit weiter schwächen, besonders für Hotellerie, Gastronomie und Reiseveranstalter.
„Jeder, der arbeiten kann, soll arbeiten“
In puncto Personalnot sieht Linnemann die Politik in der Pflicht, Zuwanderung und Beschäftigung zu beschleunigen. Er verwies auf neue Beschlüsse zur sogenannten „Work-and-Stay-Kultur“, mit der Arbeitskräfte aus Drittstaaten schneller in Jobs gebracht werden sollen.
Zugleich kündigte er eine Reform der Grundsicherung an: „Das Bürgergeld gehört der Geschichte an“, verkündete Linnemann. Künftig solle stärker nach dem Prinzip „Fördern und Fordern“ gehandelt werden. „Jeder, der arbeiten kann, wird in Zukunft auch eine Arbeit annehmen – oder es gibt keine Sozialhilfe.“
Auch ältere Fachkräfte könnten künftig länger aktiv bleiben. Ab 2026 soll mit der „Aktivrente“ jeder, der das Rentenalter erreicht hat, weiterarbeiten dürfen – auch im bisherigen Betrieb. „Die ersten 2.000 Euro des Einkommens bleiben steuerfrei“, verspricht Linnemann.
Steuern und Energie: Entlastung in Aussicht
Bei den Unternehmenssteuern und Energiekosten kündigte Linnemann Entlastungen an. Die Körperschaftsteuer solle von 15 auf zehn Prozent sinken. Zudem müsse die Stromsteuer „in der Breite wegfallen“. Davon würden auch touristische Betriebe profitieren, die mit hohen Energiekosten zu kämpfen haben.
Positiv bewertete Linnemann, dass mit dem Manager Carsten Wildberger zuletzt erstmals ein Vertreter aus der Wirtschaft den Bürokratieabbau auf Bundesebene koordiniert. Der neue Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung sei unabhängig und habe „den Mut, Dinge anzupacken – genau das brauchen wir.“
„Es gibt kein Erkenntnisproblem – nur ein Mutproblem“
Zum Abschluss rief Linnemann Politik und Wirtschaft zum Handeln auf. „Wir wissen, was zu tun ist. Es gibt kein Erkenntnisproblem mehr. Was wir brauchen, ist Mut.“ Deutschland müsse sich wieder bewegen und Reformbereitschaft zeigen, ähnlich wie zu Zeiten von Gerhard Schröders Agenda 2010. „Diesen Mut brauchen wir jetzt“, sagte Linnemann. „Seit 20 Jahren steht das Zeitfenster für Veränderungen zum ersten Mal wieder offen.“