Führungswechsel bei der Deutschen Bahn

Richard Lutz muss vorzeitig gehen. Verkehrsminister Patrick Schnieder kündigt einen perso-nellen und strukturellen Neustart an – und will im Sep-tember konkrete Reformpläne vorstellen. Der Druck ist groß, die Erwartungen auch.

Führungswechsel bei der Deutschen Bahn
Foto: Deutsche Bahn AG / Stefan Wildhirt
Eigentlich sollte Richard Lutz seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn noch bis 2027 erfüllen. Doch angesichts der anhaltenden Krise im Konzern wird er sein Amt früher als geplant abgeben – auf eigenen Wunsch oder unter politischem Druck bleibt offen. Klar ist: Lutz soll die Geschäfte nur noch kommissarisch weiterführen, bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gefunden ist. Die Suche habe bereits begonnen, so Verkehrsminister Schnieder.

Der Schritt kommt nicht überraschend. Schon seit Monaten galt Lutz als angeschlagen. Die Deutsche Bahn steckt in einer tiefen strukturellen Krise – bei Pünktlichkeit, Kundenzufriedenheit und Finanzen. Die Quote der pünktlichen Fernverkehrszüge ist von rund 78 Prozent im Jahr 2017 auf zuletzt nur noch gut 62 Prozent gefallen. Während der Fußball-Europameisterschaft 2024 hatte sich die Lage noch einmal verschärft, internationale Medien spotteten über das einstige Vorzeigeland der Schiene.

Schlechte Zahlen
Auch wirtschaftlich ist die Lage angespannt: Der Staatskonzern schreibt seit Jahren Verluste, die Infrastruktur ist vielerorts marode, der Sanierungsstau gewaltig. Hinzu kommen anhaltende Diskussionen über die Zerschlagung des Konzerns und über politische Einflussnahme. Lutz, seit 1994 im Unternehmen und seit 2017 Bahnchef, verlor zunehmend Rückhalt in Politik und Öffentlichkeit.
Refoemen angekündigt

Die Bundesregierung hat nun eine umfassende Neuaufstellung angekündigt. Geplant sind eine Verkleinerung des Vorstands, mehr Fachkompetenz im Aufsichtsrat und klare Verantwortungsstrukturen. Verkehrsminister Schnieder will am 22. September ein Reformpapier mit dem Titel „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ vorlegen. Ziel sei eine effizientere, schlankere Bahn mit mehr Fokus auf das Kerngeschäft – und auf die Bedürfnisse der Fahrgäste.

Viel Kritik wieder
Kritik kommt derweil aus mehreren Richtungen: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) warnt vor einem Führungsvakuum mitten in einer Phase tiefgreifender Sanierungen. Die Grünen fordern neben einem personellen Wechsel auch mehr finanzielle Unterstützung und eine stärkere Steuerung durch den Bund. Und aus der Wettbewerberbranche wird Lutz vorgeworfen, nie konsequent für eine Rückbesinnung auf die Schiene in Deutschland eingetreten zu sein.

Für viele Beobachter ist der Rückzug von Richard Lutz deshalb vor allem eines: die Chance auf einen echten Neuanfang – mit neuen Köpfen, neuer Strategie und klarerem Fokus auf das, was die Bahn dringend braucht: Verlässlichkeit, Effizienz und Vertrauen.