„Das Aufschreiben war der leichte Teil, jetzt geht es an die Umsetzung“
Seit Mai ist Anja Karliczek Vorsitzende des Tourismusausschusses im Bundestag. Ihr Vortrag beim 26. Tourismusgipfel 2025 des BTW wurde mit Spannung erwartet. Für die Branchenvertreter und Touristikprofis gab es aber wenig Überraschendes. Sie foderte mehr Sichtbarkeit für die Branche, weniger Bürokratie und eine nachhaltige, innovative Zukunft.
Anja Karliczek betonte in ihrem Vortrag beim BTW-Tourismusgipfel 2025, dass der Tourismus nicht nur Wirtschaft sei, sondern auch Vielfalt, Lebensqualität und gesellschaftlicher Zusammenhalt. „Tourismus prägt und berührt das Leben von Millionen Menschen – als Arbeitsort, als Urlaubsziel, als Wirtschaftsfaktor“, erklärte sie.
Der Sektor sichere Arbeitsplätze, generiere Steuereinnahmen und präge das Bild Deutschlands in der Welt. Doch die öffentliche Wahrnehmung werde diesem enormen Beitrag bisher nicht gerecht. „Wir brauchen mehr Sichtbarkeit für diese wunderbare Branche in der öffentlichen Debatte“, forderte Karliczek.
In großen Linien schilderte sie die strukturellen Herausforderungen der Branche: das Sterben von Gasthäusern und kleinen Dienstleistungsbetrieben, den Fachkräftemangel, die hohen Kosten im Luftverkehr und die anhaltenden Nachwirkungen der Pandemie. „Viele Betriebe kämpfen immer noch mit den Folgen der Corona-Krise und der wirtschaftlichen Unsicherheit. Wenn das letzte Gasthaus im Dorf schließt, verlieren wir nicht nur einen Ort der Begegnung, sondern auch ein Stück kulturelle Identität“, warnte sie.
Besonders dramatisch sei das stille Sterben von Dienstleistungsbetrieben in der Fläche. „Viele Unternehmen drehen einfach den Schlüssel um, weil sie die Kosten nicht mehr tragen können – das passiert oft unbemerkt und ohne dass es in Statistiken auftaucht“, so Karliczek. Dieses schleichende Verschwinden bedrohe nicht nur die touristische Infrastruktur, sondern auch die gesellschaftlichen Grundlagen. „Was nützt der schönste Radweg oder das romantischste Städtchen, wenn es keine Einkehrmöglichkeiten und keine Übernachtungsangebote mehr gibt?“, fragte sie. „Es sind diese Betriebe, die unser Reiseland Deutschland lebendig machen.“
Auch die internationale Anbindung Deutschlands sei kritisch: „Während andere Länder das Vor-Corona-Niveau längst wieder erreicht haben, hinken wir noch hinterher – das schwächt den Standort Deutschland und erschwert es, Touristen und Geschäftsreisende ins Land zu holen.“
"Unternehmen brauchen Freiräume, um sich anzupassen."
Karliczek forderte eine nachhaltige Transformation der Branche, die auf Innovation und modernen Technologien basiert. „Nachhaltigkeit ist nicht weniger Flüge, sondern modernste Technik und Teilhabe an Mobilität weltweit“, sagte sie. Diese Transformation koste Geld, und das müsse vorher erwirtschaftet werden. „Unternehmen brauchen Freiräume, um sich anzupassen, und nicht immer neue Belastungen“, betonte sie. Bürokratieabbau sei dabei ein Schlüssel: „Wir müssen den Unternehmen das Leben leichter machen, damit sie investieren und sich entwickeln können.“
Sie lobte die im Koalitionsvertrag enthaltenen Pläne zur Unterstützung der Branche, betonte aber, dass es nun an der Umsetzung hapere. „Das Aufschreiben war der leichte Teil, jetzt geht es an die Umsetzung“, mahnte sie. Hier müsse die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbessert werden, um die Bedingungen für den Tourismusstandort Deutschland zu stärken. „Alles wird gebraucht: die Flexibilität der Kleinen und die Reichweite der Großen.“
Mit Blick auf die Gastronomie lobte sie die geplante Rückkehr des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen ab 2026 als Signal für Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen in die Politik. „Das stärkt nicht nur die Branche, sondern auch das Vertrauen der Menschen in die Politik und in die Demokratie“, sagte sie.
Abschließend unterstrich Karliczek die Rolle des Tourismus für Frieden und Völkerverständigung: „Reisen bringt Menschen zusammen, es überwindet Grenzen – ohne Bürokratie, ohne Formalismus.“ Der Tourismus sei ein Motor für Austausch, Innovation und gesellschaftliche Offenheit. „Wir müssen gemeinsam neue Wege gehen – mit Optimismus, Vertrauen und Zusammenarbeit“, sagte sie. Gehen wir diese neuen Wege gemeinsam.“
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Anja Karliczek ist seit Mai 2025 Vorsitzende des Ausschusses für Tourismus im Deutschen Bundestag. In dieser Funktion leitet sie die Arbeit des Gremiums, das sich mit allen tourismuspolitischen Belangen befasst.
In ihrer Rolle als Vorsitzende des Tourismusausschusses setzt sich Karliczek für die Belange der Tourismusbranche ein, insbesondere für Bürokratieabbau, Digitalisierung und nachhaltige Entwicklung. Zuvor war sie bereits seit 2021 ordentliches Mitglied des Ausschusses und fungierte als tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Karliczeks politische Laufbahn begann 1998 mit dem Eintritt in die CDU. Seit 2013 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestages und gewann bei den Bundestagswahlen 2013, 2017, 2021 und 2025 jeweils das Direktmandat im Wahlkreis Steinfurt III.