Tourismusausschuss

Branche kritisiert neue Pauschlreiserichtlinie

Heute um 15 Uhr findet in Berlin eine Anhörung des Tourismusausschusses zur Revision der EU-Pauschalreiserichtlinie statt.

Branche kritisiert neue Pauschlreiserichtlinie
Foto: iStock
Heute um 15 Uhr findet in Berlin eine Anhörung des Tourismusausschusses im Bundestag zur Revision der EU-Pauschalreiserichtlinie statt. Die Verbände nutzen in vorab eingereichten Stellungnahmen die Gelegenheit, ihre Kritik an dem Gesetzentwurf zu erneuern. „Weitere Verpflichtungen der Pauschalreiseveranstalter, wie sie der aktuelle Gesetzentwurf vorsieht, werden dazu führen, dass die organisierte Reise immer weiter an Bedeutung verlieren wird“, heißt es beim DRV. „Am Ende reisen immer weniger Urlauber gut geschützt.“ Der Verband fordert unter anderem, dass Geschäftsreisen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen werden. Eine Neuregelung der Anzahlungshöhe wird ebenfalls abgelehnt. Dasselbe gilt für einen zusätzlichen nationalen Krisenfonds, der von den Veranstaltern finanziert werden soll. Als überflüssig betrachtet der DRV die Einführung einer Insolvenzabsicherung für Reisebüros, da die vermittelte Pauschalreise bereits gegen die Insolvenz des Veranstalters abgesichert sei.

Der ASR schlägt in dieselbe Kerbe. Preissensible Verbraucher würden durch die Neuregelung gegebenenfalls Abstand von der Buchung einer Pauschalreise nehmen und Reiseleistungen als Einzelbuchungen mit deutlich geringerem Verbraucherschutz wählen. Damit käme der aktuell in Deutschland noch relativ hohe, jedoch tendenziell sinkende Anteil von Pauschalreisen am gesamten Reisemarkt weiter unter Druck, womit das Ziel des erhöhten Verbraucherschutzes bei Reisen ad absurdum geführt werde. Zusätzlich befürchtet der ASR, dass kleine und mittelständische Reiseunternehmen durch die Neuregelung benachteiligt werden könnten. „Eine Revision der Pauschalreiserichtlinie sollte die Bedenken der Branche ernst nehmen, um die Attraktivität und Wirtschaftlichkeit der Pauschalreise zu erhalten und unnötige Preissteigerungen zu vermeiden, die letztendlich den Verbraucher belasten.“

Der VUSR fordert vom Gesetzgeber „ein klares Signal pro Pauschalreise“. Die Pauschalreise sei das verbraucherfreundlichste und am besten abgesicherte Reiseprodukt im Markt. Bei der Absicherung von Einzelleistungen seien eine Anknüpfung an die Insolvenzabsicherung der Pauschalreise, eine Absicherung auf dem Markt oder eine Kombination beider Varianten denkbar. Darüber hinaus plädiert der Verband für vereinfachte Informationspflichten und die Beibehaltung des bisherigen deutschen Anzahlungsmodells.

Von Seiten der Veranstalter nehmen TUI und die Dertour Group an der Anhörung teil. Auch TUI betont die bereits bestehende hohe rechtliche Sicherheit von Pauschalreisen: „Es gibt keine andere Branche, in der die Kunden von einem vergleichbaren Schutz profitieren. Sie genießen neben dem Insolvenzschutz Rechtsansprüche bei Unregelmäßigkeiten und Betreuung in Krisensituationen.“ Der Marktführer fordert zudem Wettbewerbsgleichheit mit Anbietern von Einzelleistungen, die nicht in den Reisesicherungsfonds einzahlen müssen. „Das gewährt ihnen einen Kostenvorteil gegenüber den deutschen Pauschalreiseanbietern und ist ganz und gar nicht im Sinne eines umfassenden Schutzes der Verbraucher.“ Strikt abgelegt wird die geplante Begrenzung von Vorauszahlungen. Pandemiebedingte Verzögerungen bei der Rückerstattung könnten kein Gradmesser für neue Regeln während eines regulären Geschäftsbetriebes sein. Die vorhandenen Rückerstattungssysteme seien auf den Extremfall der Pandemie auch prozessual nicht ausgelegt gewesen.

Die Pauschalreise müsse im Wettbewerb der Reiseleistungen bestehen können, merkt die Dertour Group grundsätzlich an. „Bei der bevorstehenden Reform auf EU-Ebene dürfen daher die Vorteile der Pauschalreise keinesfalls aus dem Blick geraten.“ Im geplanten stark eingegrenzten Anwendungsbereich der „verbundenen Reiseleistungen“ sieht der Konzern einen deutlichen Einschnitt in die Vielfalt der Reiseangebote und befürchtet insbesondere für selbstständige Reisebüros gravierende Herausforderungen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der potenziellen Veranstalterhaftung der Reisebüros könnten zu einer Verteuerung von Reiseleistungen und zu einer Konsolidierung des Wettbewerbs führen und damit im Endeffekt zu Lasten der Reisenden und der Marktvielfalt gehen. Ebenso abgelehnt wird das im Gesetzentwurf verankerte erweiterte Rücktrittsrecht der Reisenden bei unvermeidlichen außergewöhnlichen Umständen am Wohnsitz oder Arbeitsort. Auch bei beispielsweise starkem Schneefall oder Sturmschäden am Wohnsitz der Verbraucher könne der Reiseveranstalter die Leistung der Pauschalreise weiter ordnungsgemäß erbringen. Das Ziel der EU-Kommission, das Rücktrittsrecht zu präzisieren, werde damit nicht erreicht.

Alle Stellungnahmen gibt es hier >>>