Interview mit ITB-Chef David Ruetz

"Die ITB muss einfach wieder live stattfinden“

ITB-Chef David Ruetz spricht im Interview mit TRVL Counter über die Neuausrichtung der ITB Berlin 2023.

"Die ITB muss einfach wieder live stattfinden“
Zurück in die Zukunft: ITB-Chef David Ruetz zündet den B2B-Flux Kompensator, Foto: TRVL Counter
Nachdem wir die letzten zwei Jahre eine hybride ITB gesehen haben, wie geht es in 2023 weiter?
Wir nehmen mit Sicherheit Learnings mit, die wir in den letzten zwei Jahren aufbauen und auch empirisch anwenden oder überprüfen konnten. Wir sind mit der Vorstellung in die digitale Welt reingegangen, man könne eine komplette ITB digital mit allen Funktionen abbilden. Es ist zwar nicht misslungen, aber auch nicht ganz gelungen. Insbesondere weil die Punkte Neukontakt, Ansprache und periphere Begegnungen, also alles Menschliche, im Netz einfach schwierig sind. Zum Beispiel hat das dann schnell mal was von Stalken, wenn ich jemanden anpinge, der mich nicht kennt und den ich nicht kenne. Da haben die Kunden teilweise empfindlich reagiert.

Was nehmen Sie als Learnings mit?
Wir werden die hybriden Komponenten verstärken müssen, das heißt, dass der Kongress 2023 drei Tage lang läuft. Wir wollen ihn auf jeden Fall so in der Qualität streamen, wie wir ihn dieses Jahr gestreamt haben. Das war für mich das Highlight der digitalen Variante in 2022, dass wir Messe-TV oder Kongress-TV gemacht haben, das es absolut mit Plasberg und anderen Shows aufnehmen kann. Wir hatten im Studio 30 bis 40 hochprofessionelle Techniker, Grafiker und Moderatoren, Live-Schaltungen, Einspieler-Jingles. Ich bin sehr stolz darauf, dass das Team das geschafft hat. Nichtsdestotrotz: Bildschirm bleibt Bildschirm, und die ITB muss einfach wieder live stattfinden. Wir sind nicht als Online-Veranstaltung geboren, und wir werden uns auch nicht als Online-Veranstaltung weiterentwickeln.

In der Pandemie hat sich ja sehr klar gezeigt, welche Kernaufgaben eine Messe hat. Das Eine ist der Kongress als Wissenstransfer. Vorträge und Referate kann man gut hybrid veranstalten. Aber das Netzwerken, Menschen treffen – die menschliche Komponente kann man natürlich nicht online abbilden. Immerhin ist eine Messe ja im Kern ein großer Treffpunkt für die ganze Welt und Reisebranche, auch um Geschäfte zu machen und zu Networken. Was wird in 2023 hier neu gemacht?
Zunächst kann ich sagen, dass das Stimmungsbild, das wir aktuell haben, mit den Interessensbekundungen der Aussteller und Besucher, sehr gut ist. Die Leute wollen auch aus dem Ausland wieder kommen. China ist natürlich noch ein großes Fragezeichen vor dem Volkskongress. Das muss man jetzt beobachten. Aber der Rest, Asien, Lateinamerika und Afrikas sind alle dabei. Die arabischen Staaten haben aus meiner Sicht ohnehin immer sehr mutig und unkompliziert reagiert und gesagt, wir finden trotz Covid einen Weg, uns zu treffen. Wir wollen uns treffen und schaffen das auch.



Was wird es im Detail geben?
Wir werden zur ITB eine also eine Kombination aus Hybrid und analoger Messe haben mit dem ITB-Kongress. Wir werden auch die Networking-Möglichkeiten verbessern und vergrößern. Es wird einen eigenen Networking-Bereich geben, der nicht nur exklusiv den Buyer-Circle-Mitgliedern als Lounge vorbehalten ist, sondern wo man sich treffen kann, wo man vorher über unser Tool Termine vereinbaren kann und auch online Menschen treffen und Seminare für diejenigen veranstalten kann, die nicht auf der Messe sind, weil das WLAN extrem gut ist. Das heißt, es wird in 2023 auch noch hybride Formen geben.

Was bedeutet diese Änderung im Kern?
Wir haben einen großen Schritt gemacht, zur Verfachlichung oder Fokussierung der ITB, indem wir die den Anteil des Privatbesucherwochenendes, also alles, was bisher Samstag und Sonntag lief, auf das Berlin Travel Festival verlagern. Dieses findet erstmals im November zusammen mit anderen Messen der Messe Berlin auf dem Messegelände statt. Und wir werden eine reine B2B-ITB werden ab 2023, und zwar mit Startdatum Dienstag, 7. März. Das wird der erste Messetag sein. Und dann drei Tage Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Um 18 Uhr schließen wir die Tore mit hoffentlich glücklichen und erfolgreichen Besuchern und Ausstellern.

Was ist der Hintergrund für diese Entscheidung?
Der Wunsch der Aussteller, in B2C zu investieren, hat in den letzten Jahren stetig abgenommen, und wir haben insbesondere während der Pandemie intensive Gespräche geführt, beispielsweise mit allen Destinationen, die im Corps Touristik vertreten sind. Und hier herrscht einhellig die Meinung, dass B2C einfach einen anderen Stellenwert bekommen hat. Mit dem Berlin Trade Festival bedienen wir gleichzeitig den Wunsch des Berliner Publikums nach der weiten Welt, indem wir den privaten Besucheranteil, nicht abschaffen, sondern eben verlagern. Und das Berlin Travel Festival ist ja ein mehr auf Lifestyle angelegtes Event, was jetzt kombiniert wird im November mit unserer Bootsausstellung, mit der Angel-Messe und mit der Caravan-Messe. Und damit hat man natürlich ein Stück Konsumergut und Lifestyle kombiniert und das ist für uns in eine runde Sache.

Einen ausführlichen Bericht zur neuen ITB-Strategie lesen Sie hier >>>