Sabine Dorn-Aglagul, CEO der FTI-Hotelsparte

Das Hotel-Gen im Blut

Muss man sich als Frau auf dem Karriereweg nach oben gegen die Männerdominanz durchsetzen? Kann Frau, muss sie aber nicht, wie das Beispiel Sabine Dorn-Aglagul zeigt. Sie zählt als CEO der Hotelsparte der FTI Group zu den einflussreichsten Frauen der Touristik.

Das Hotel-Gen im Blut
Foto: FTI Group
Wer heute um die 50 Jahre alt ist, wird sich noch gut an die TV-Serie „Hotel“ erinnern. Sie wurde in den 1980er Jahren nach der Roman-Vorlage von Arthur Hailey in Deutschland ausgestrahlt. Im Mittelpunkt des Quoten-Hits standen Geschichten von Gästen und Mitarbeitern im fiktiven Hotel St. Gregory – mit Außenansichten des echten Fairmont Hotels in San Francisco. Für Sabine Dorn-Aglagul war die Serie der Beginn ihrer beruflichen Träume: „Da gab es diese schöne Assistentin Christine Francis und den souveränen Generalmanager Peter McDermott. Sie liefen durch gestylte Lobbys und prägten das Leben im Hotel. Ich war 18 Jahre alt und wollte direkt Peter McDermott sein. Also überlegte ich, was ich tun musste, um ein General Manager zu werden.“

1988 sorgte ein Aufenthalt als Au-pair-Mädchen in Israel für zusätzliche Motivation. „Ich war zum ersten Mal alleine unterwegs, und es war wunderschön. Ich wusste ab dem Moment, dass mir meine alte Welt zu klein geworden war.“ Sie verwirft ihre beiden anderen Job-Ideen, Pastorin zu werden oder zur Kriminalpolizei zu gehen. Alle drei Berufe haben viel mit Menschen zu tun, und das ist es, was sie antreibt. „Ich brauche den Umgang mit Menschen und helfe ihnen gern. Daraus ziehe ich unglaubliche Energie. Meine Mutter sagt oft, dass bei mir ein bisschen Florence Nightingale drinsteckt“, sagt die Top-Managerin und lacht.

Heute zählt Sabine Dorn-Aglagul zu den einflussreichsten Führungskräften der Reisebranche. Sie ist eine Macherin, eine Person der Tatkraft und Umsetzung. In ihrem Münchner FTI-Büro hängt an der Wand ein schwarzes Plakat. Darauf steht in goldenen Lettern: „Some people dream of success, while other people get up every morning and make it happen.” Es ist ein Geschenk der Mitarbeiter beim Abschied vom vorherigen Job als Senior Vice President Operations der Accor Invest Hotels für Nordeuropa.

Wie lässt sich ihre Rolle als CEO Hotels für die FTI Group zusammenfassen? Dorn-Aglagul ist eine unprätentiöse Pragmatikerin, eine leidenschaftliche Hotel-Loverin und People-Managerin aus Überzeugung. Den fachlichen Grundstein ihres Erfolgs legt sie nach der Rückkehr aus Israel mit dem Schulabschluss und einem Tourismus-Studium an der Fachhochschule München. Sie absolviert ein Management-Trainee-Programm im Hilton und steigt ins Hotel-Business ein. „Ich habe tagsüber die Programme gemacht, nachts im Bankett ausgeholfen und parallel meine Diplomarbeit im Marketing geschrieben. Das hat irren Spaß gemacht“, erinnert sie sich.

Sie weiß, dass laut Studien nur fünf Prozent der Bevölkerung ihren Traumjob ausüben. Dankbar zählt sie sich zu den Glücklichen: „Kein Tag ist in meinem Beruf wie der andere. Ich bin oft in verschiedenen Ländern unterwegs, und im Hotelgewerbe kommt nie Routine auf, es menschelt permanent. Ich kann strategisch denken, aber der Mix mit der praktischen Arbeit macht alles rund für mich.“


Sabine Dorn-Aglagul: "Ich kann strategisch denken, aber der Mix mit der praktischen Arbeit macht alles rund für mich."

Das Rüstzeug zur Leitung von aktuell 62 Hotels der FTI-Gruppe in acht Ländern erwirbt sie sich in insgesamt 15 Jahren beim Hilton-Konzern. Conrad Hiltons berühmter Ausspruch „Be my guest“ begleitet die in Eichstätt geborene, akzentfrei sprechende Bayerin wie ein Leitstern. Geholfen hatte es zweifellos auch, dass die Hilton-Hotelgruppe früh Frauen gefördert und entsprechende Mentoren-Programme aufgelegt hatte. Überzeugte Vorgesetzte fördern sie auf ihrem Weg.

Zwei Jahre ist sie Hotel-Managerin im Hilton Vienna Danube. Schon im Herbst 2005 wird der alte GM-Traum aus der Filmserie von einst doppelt wahr: Hilton Worldwide legt das Cluster-Generalmanagement für die Häuser im türkischen Adana und Mersin in die Hände der jungen Aufsteigerin. Beherzt greift sie zu, ahnt aber nicht, dass dieses erste türkische Kapitel ihr Leben für immer verändern wird.

In Adana lernt sie den Bruder ihrer Türkischlehrerin kennen. Orhan Aglagul ist in der IT-Branche tätig, hat in seiner Kindheit zwölf Jahre in Deutschland gelebt und arbeitet zu der Zeit in San Francisco. Bei einem Heimatbesuch sitzt Sabine Dorn auf dem Sofa seiner Familie zu Besuch. Bald schon funkt es, und fünf Jahre später feiern sie mit Freunden und Familie aus aller Welt Hochzeit am Bosporus. Seitdem trägt Sabine den Nachnamen Dorn-Aglagul vor allem als Liebeserklärung an ihren Mann. „Wir sind ein bisschen wie Yin und Yang, einer eher extrovertiert, einer introvertiert. Er würde sagen, er ist der Logische, ich bin die Emotionale. Ich würde sagen, ich bin der Macher, er ist der Nachdenker. Es ist in jedem Fall eine sehr, sehr gute Kombination.“

"Ich nehme mich im Job nicht zuerst als Frau, sondern als professionelle Person wahr."

Zwischen Begegnung und Hochzeit führt ihre Karriere zunächst zurück nach Düsseldorf. Als General Managerin hat sie das Gefühl, dass es Zeit für einen Wechsel wird. Fast sieben Jahre ist sie bei Starwood Hotels & Resorts Worldwide, davon ab 2012 vier Jahre als Area Managerin für die Türkei und als GM für das Le Méridien Istanbul Etiler. Sie erlebt eine der schönsten, aber auch politisch unruhigsten Zeiten in der Türkei.

Die Hotelchefin begegnet den äußerlichen Unruhen im Land mit innerlicher Ruhe. Die Verantwortung für Mitarbeiter und Gäste, insbesondere in der Nacht des Militärputsches, meistert sie souverän. Auch sonst läuft das Geschäft gut: „Ich habe mit fünf Hotels angefangen. Als ich vier Jahre später gegangen bin, hatten wir 16, fast 17. Da bin ich superstolz drauf.“ Das passt auch gut zu ihrer Auffassung, dass man „nicht mit Lautstärke oder Gequake“ auf sich aufmerksam machen sollte, sondern mit Leistung.

Dass sie als Frau in einem immer noch männerdominierten Touristik-Beruf erfolgreich ist, beschäftigt sie kaum. „Ich nehme mich selbst im Job nicht zuerst als Frau, sondern als professionelle Person wahr. Ich bin trotz der Diskussionen über Glasdecken und kein Durchkommen entspannt durchmarschiert. Ich glaube an Authentizität, Entwicklung und daran, dass es dich messbar macht, wenn du sagst, was du erreichen willst. Das setzt dich zwar auch unter Druck, aber du kennst dein Ziel. Wenn ich etwas gesagt habe, dann habe ich es auch gemacht.“


Mit den beiden Hunden Ajax und Anka ist Sabine Dorn-Aglagul auf langen Spaziergängen durch die Natur unterwegs.

Zurück zur Karriere: Von Starwood wechselt sie 2017 zu den Mövenpick Hotels & Resorts, wo sie zuletzt als Europa-Präsidentin wirkt, bevor sie fast zwei Jahre lang die Accor Gruppe mit über 400 Hotels in Europas Schlüsselmärkten antreibt. Kraft für die Arbeit geben ihr nicht nur die anhaltende Leidenschaft für die Hotellerie, sondern auch ihr Mann und die Familie in Deutschland und der Türkei, zu der die dort geretteten Hunde Ajax und Anka gehören. Mit ihnen sind lange Spaziergänge in der Natur rund um München die ideale Energiequelle.

Ihre zweite Heimat in der Türkei besucht sie regelmäßig. Auf die Frage nach einem möglichen deutsch-türkischen Kultur-Clash lächelt sie: „Ich glaube, viele Menschen haben ein bestimmtes Bild von der Türkei. Wenn man dann in Istanbul ist, muss man Abbitte leisten, so bunt und vielfältig und so viel mehr ist es. Ich bin dankbar, das Schöne aus zwei Welten erleben zu können.“

Bei der FTI Group ist ihre Handschrift nach eineinhalb Jahren deutlich sichtbar. Dorn-Aglagul ist in angespannter Covid-Zeit angetreten, doch sie gibt von Anfang an Gas und braucht kein Jahr, um alle 62 Häuser des Portfolios persönlich kennenzulernen. „Ich muss Hotels spüren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es den Leuten geht und wie wir operativ aufgestellt sind.“ Vorspielen brauche ihr dabei niemand etwas. Man müsse ja nur in der Lobby sitzen und beobachten, um den richtigen Einblick zu bekommen.

Die Nachhaltigkeit, mit der sie lebt, hat für die Hotels der FTI Group höchste Priorität. Gerade werden die letzten beiden aller vorgesehenen Hotels der Marken Labranda Hotels & Resorts, Kairaba Hotels & Resorts, Design Plus Hotels, Lemon & Soul sowie Meeting Point managed Hotels durch den weltweit renommierten Zertifizierer Travelite geprüft. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, sagt Sabine Dorn-Aglagul pragmatisch. Sie erachtet diese Sicherheits- und Nachhaltigkeitszertifikate als „unglaublich wichtig, um einen objektiven Standard erreichen zu können“. Gleichzeitig behält sie im Wiederaufschwung nach den schwierigen Corona-Zeiten und bei schon wieder um die 80 Prozent Hotelauslastung auch die individuelle Entwicklung der einzelnen Häuser im Auge.

"Ich muss Hotels spüren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es den Leuten geht und wie wir operativ aufgestellt sind."

Der schonende Umgang mit Ressourcen, die Verantwortung für einen niedrigen Emissionshaushalt und eine enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung seien selbstverständlich geworden. „Wir haben ein Hotel in Makadi in Ägypten, wo die Löhne niedrig und die Inflation hoch sind“, erklärt die Teamplayerin. „Dort haben die Mitarbeiter in eigener Verantwortung in kürzester Zeit einen Nutzgarten angelegt. Da erleben unsere Gäste anschaulich, wie eine Guave oder eine Auberginenpflanze aussehen. Der Garten bringt inzwischen 10.000 Kilogramm Gemüse und Obst. Unsere Mitarbeiter können Kartoffeln oder Auberginen für ihre Familien mit nach Hause nehmen. Was sonst zu viel ist, geht an die Community.“ Keine Frage, sie ist eine Frau mit ausgeprägter „We can fix it“-Mentalität. Sie schätzt Initiative und kreative Mitarbeiter.

Sabine Dorn-Aglagul glaubt an Kismet – die Vorstellung vom Schicksal im muslimischen Kulturraum. „Es war Kismet, dass ich 2005 in die Türkei gegangen bin, dass ich dort meinen Mann getroffen habe, dass ich die Karriere und mein Leben so schön in Einklang bringen konnte, dass wirklich alle Leidenschaften efüllt sind.“ Sabine Dorn-Aglagul sagt, alles habe sich gefügt. Sie sei angekommen, wo ihr Herz ist: beruflich und privat.

Zur Person: Sabine Dorn-Aglagul Als CEO FTI Hotels leitet sie das Hotelsegment der FTI GROUP. Zum Portfolio gehören rund 60 Häuser mit vier Marken, allen voran die Labranda Hotels & Resorts, in acht Ländern. Sabine Dorn-Aglagul war zuletzt Senior Vice President Operations Northern Europe bei Accor und davor President Europe bei Mövenpick Hotels & Resorts.

Text: Tatjana Pokorny